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Praca dyplomowa
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1 Die deutsch-polnische Vergleichsstudie

1.1 Gegenstand und Zielsetzung

Im dritten Kapitel wurde die Kultivationshypothese genau untersucht und im vierten die möglichen Auswirkungen auf Kauf- und Konsumverhalten präsentiert. In diesem Kapitel wird die Studie präsentiert, die Kultivierungseffekte von noch anderer Sichtweise überprüft: aus der kultureller Perspektive. Die Zielsetzung ist zu untersuchen, erstens, ob die Kultur eine Rolle bei der Kultivierung durch das Fernsehen spielt und zweitens, ob es kulturelle Unterschiede zwischen dem Einfluss des Fernsehens auf die Wahrnehmung der Verbreitung vom Überfluss und Materialismus gibt.

1.2 Methode der Datengewinnung

Die Studie wurde in zwei Ländern: Deutschland und Polen gleichzeitig durchgeführt. Als Erhebungsinstrument wurde ein standardisierter Fragebogen mit geschlossenen und offenen Fragestellungen in beiden Sprachen eingesetzt. Der deutsche Umfragebogen ist im Anhang wiedergegeben. Als Methode der Datengewinnung wurde in Deutschland die schriftliche und anteilig elektronische und in Polen die elektronische Befragung eingesetzt. Bei der Stichprobenauswahl wurde nach einem Quotenverfahren vorgegangen, indem Alter und Geschlecht als Merkmale gewählt wurden. Die folgende Tabelle stellt die Daten zur Untersuchung zusammengefasst dar.

Tabelle 3: Daten zur Untersuchung

Der Fragebogen gliedert sich in vier Teile. Der erste Abschnitt umschließt die Fragen 1 und 2 und widmet sich dem individuellen Fernsehkonsum. Es wurde nach der vor dem Fernseher verbrachten Zeit pro Woche gefragt und nach der Häufigkeit der Nutzung der bestimmten Sendungstypen. Der zweite Teil (Frage 3 und 4) untersucht die Einschätzung der Verbreitung von verschiedenen Kultivierungsindikatoren. Die fünfte Frage misst die wahrgenommene Realitätsnähe vom Fernsehen und die Skala des persönlichen Materialismus. Die sechste Frage überprüft die direkte persönliche Erfahrung mit materiellen Sachen und Verhalten. Der vierte letzte Teil umschließt die Fragen nach soziodemografischen Merkmalen der Probanden.

1.3 Ergebnisse der Untersuchung

Die demographische Struktur der Probanden wurde nach dem Geschlecht, Alter, höchster abgeschlossener Schulausbildung und monatlichen Nettoeinkommen betrachtet.

Tabelle 4: Verteilung der Befragten nach dem Geschlecht

Im Bezug auf das Geschlecht ergab es sich eine relativ gute Verteilung der Probanden in beiden Ländern (vgl. Tabelle 4). Von allen Befragten waren 54,2% Männer und 45,8% Frauen. Wenn man aber die beiden Länder einzeln betrachtet, war in Deutschland der männliche Anteil größer als der Durchschnitt (60%) und in Polen haben Frauen überwogen (51,7%).

Tabelle 5: Verteilung der Befragten nach dem Alter

Die Altersverteilung zeigt, dass ungefähr die Hälfte der Befragten waren im Alter zwischen 20 und 30 Jahren (53,3% von allen Probanden) und die Verteilung in beiden Ländern sieht sehr ähnlich aus (vgl. Tabelle 5).

Tabelle 6: Verteilung der Befragten nach der Ausbildung

Im Bezug auf die Ausbildung ergaben sich Unterschiede zwischen Deutschland und Polen. 69,5% der polnischen Probanden hatte Universitätsabschluss im Vergleich zu nur 38,3% der Deutschen. In Deutschland war genau die Hälfte der Befragten nach dem Abitur (vgl. Tabelle 6).

Tabelle 7: Verteilung der Befragten nach dem monatlichen Nettoeinkommen

Bei der Frage nach dem monatlichen Nettoeinkommen gab es erwartungsgemäß die meisten Verweigerungen zur Antwort. Bei sieben Probanden stand keine Angabe, was aber noch keine Schwierigkeiten bei der Auswertung ergab (0,0583% der Fälle). Die Einkommenskategorien waren in beiden Ländern gleich, aber jeweils in der Landeswährung. In Polen war das Einkommen in Zloty angegeben und in Deutschland in Euro. Die größte Gruppe der Probanden war in beiden Ländern in der ersten Einkommenskategorie (unter 1000€ bzw. unter 1000zl) (vgl. Tabelle 7).

Um Fernsehverhalten zu erheben, wurde in der vier angegebenen Zeiträumen am Wochentag, Samstag und Sonntag nach der mit Fernsehen verbrachten Zeit gefragt. Nach der Betrachtung des allgemeinen Fernsehkonsums in Deutschland und in Polen, wurden keine Unterschiede nachgewiesen. Die Deutschen sehen zwar mehr fern, aber die Differenz beträgt nur fünf Minuten pro Woche. Der Mittelwert in Deutschland beträgt 424 Minuten und in Polen 419 Minuten wöchentlich, was ungefähr 7 Stunden pro Woche ausmacht. Die Befragten sehen erwartungsgemäß am meisten am Wochenende fern, die Deutschen sonntags (163 Minuten) und Polen samstags (166 Minuten). Die Ergebnisse bestätigen aber die Berechnungen von Hoch (2007) in keinem Fall, die zeigen, dass Deutsche am Tag durchschnittlich 227 Minuten fernsehen (vgl. Kapitel 2.2.). Der „Rekordseher“ von der Befragung kommt aus Polen und sieht in der Woche 2040 Minuten fern, was 34 Stunden wöchentlich und durchschnittlich fast 5 Stunden täglich ausmacht. In Deutschland betrug die maximale Fernsehdauer 1060 Minuten (17 Stunden 40 Minuten wöchentlich). In der Umfrage haben auch vier Nichtseher teilgenommen (0,03% aller Umfrageteilnehmer), die in der Woche gar nicht fernsehen.

Anhand der Quartilen in der Verteilung der Fernsehdauer wurden in beiden Ländern drei Zuschauergruppen gebildet: Viel-, Mittel- und Wenigseher. Die nachfolgende Tabelle stellt die detaillierte Segmentierung dar.

Tabelle 8: Segmentierung der Zuschauer nach der Fernsehdauer

Die Häufigkeit der Nutzung der verschiedenen Sendungstypen wurde anhand der achtstufigen Skala von 0- „nie“ bis 7- „täglich“ für sechzehn angegebene Programmgenres gemessen. Es wurden nicht viele Unterschiede zwischen Deutschland und Polen nachgewiesen. In beiden Ländern sind Nachrichten das am häufigsten angeschaute Fernsehprogramm, indem sie in Deutschland ein wenig öfters als in Polen angesehen sind. Die Nachrichten sind von den Befragten im Durchschnitt dreimal wöchentlich angeschaut. Das interessante Ergebnis stellen die Reportagen dar, die in Deutschland deutlich häufiger (einmal wöchentlich) als in Polen angeschaut sind (einmal im Monat). Der andere Unterschied ergab sich auch bei Krimis und Thriller/Horror-Filmen, die die Aufmerksamkeit der Deutschen öfters als der Polen gewinnen. Die Deutschen schauen Krimis und Horrors alle zwei Wochen und Polen höchstens einmal im Monat an. Das höhere Interesse an Sportprogrammen der Deutschen kann man mit dem höheren Anteil der Männer unter der deutschen Befragten und viel besseren Ergebnissen der Deutschen im Vergleich zu Polen in verschiedenen Sportdisziplinen erklären. Die Polen schauen aber Talkshows häufiger als Deutsche an (alle zwei Wochen im Vergleich zu einmal im Monat). Das kann man mit der letztens rasch wachsenden Anzahl dieser Sendungstypen im polnischen Fernsehen erklären, die oft sehr kontrovers sind und das Interesse der Zuschauer wecken. Die Analyse nach dem Geschlecht der Befragten hat signifikante Unterschiede in der Häufigkeit der Nutzung der Thriller, Western, Science-Fiction, Kriegsfilme und Erotik gezeigt, indem sie von Männern wesentlich öfters angeschaut sind und in Soap Operas und Liebesfilme, die von Frauen häufiger die Aufmerksamkeit gewinnen. Überraschenderweise ergab sich in Deutschland kein Unterschied in der Häufigkeit der Nutzung der Sportprogramme zwischen Männern und Frauen und sie wurden sogar ein wenig öfters von polnischen Frauen als Männer angeschaut. In Polen kann man den linearen positiven Zusammenhang zwischen dem Alter und der Häufigkeit der Nutzung der Nachrichten beobachten, was in Deutschland nicht der Fall ist und die Häufigkeit in allen Altersgruppen relativ gleich verteilt ist. Die jungen Menschen in beiden Ländern dagegen schauen häufiger Soap Operas und Komödien an als die älteren Leute. Die nachfolgende Abbildung stellt die Häufigkeiten im Einzelnen dar.

Abbildung 10: Häufigkeit der Nutzung der Sendungstypen in Deutschland und in Polen im Vergleich

1.3.1 Kultivierungseffekte

Weder die Häufigkeitsanalyse der Fernsehprogrammnutzung in Deutschland und in Polen noch der Vergleich des Fernsehkonsums in beiden Ländern hat wesentliche Unterschiede nachgewiesen, was vermuten lässt, dass Deutsche und Polen auch gleich oder ähnlich durch das Fernsehen kultiviert sein sollten. Die eventuellen Unterschiede werden dann als kulturabhängig erklärt.

In dieser Studie wurden die Kultivierungseffekte erster Ordnung gemessen (vgl. Kapitel 3.1.). Anhand der offenen Fragen nach dem Prozentsatz der Verbreitung von Berufen wie Ärzte und Polizisten, den sozialen Phänomenen z.B. Scheidung und Liebhaber und des antisozialen Verhaltens z.B. Alkoholismus, Drogenabhängigkeit und Prostitution wurde untersucht, ob Vielseher in beiden Ländern diese Werte überschätzen (weiter Kultivierungsindikatoren genannt). In der zweiten Kultivierungsfrage des Fragebogens wurden die Probanden nach der Einschätzung der absoluten Werte der Morden, Diebstähle, Vergewaltigungen und Drogentoten gefragt (weiter Kriminalitätsindikatoren genannt).

Die Untersuchung der Kultivierungseffekte hat nach dem gleichen Vorgehen für Deutsche und Polen erfolgt. Es wurden Mittelwertsvergleiche, Korrelationen und lineare Regressionen berechnet. Die Vergleiche der Gruppenmittelwerte für die drei Segmente der Zuschauer haben den ersten Eindruck von den Daten vermittelt. Auch konnte die in der Kultivierungsforschung unterstellte Annahme der Linearität des Zusammenhangs auf diesem Wege überprüft werden. Die Stärke der linearen Zusammenhänge wurde mit Korrelationen untersucht. Die linearen Regressionen haben die Hypothesen schließlich unter Kontrolle der intervenierenden Variablen getestet. Die unabhängige Variable war in diesem Fall der Fernsehkonsum, der in drei Gruppen der Zuschauer zusammengefasst war: Viel-, Mittel- und Wenigseher. Als die abhängigen Variablen dagegen wurden alle elf Indikatoren für Kultivierungseffekte erster Ordnung gewählt. Nach der Kultivationshypothese wurde vermutet, dass Vielseher sich in ihren Einschätzungen eher der Fernsehwelt annähern. Dementsprechend sollten sie die Prozentwerte der Kultivierungs- und Kriminalitätsindikatoren stärker überschätzen als Wenigseher. Die Tabelle 9 stellt die Ergebnisse in Deutschland und Tabelle 10 in Polen dar.

Tabelle 9: Mittelwertsvergleiche der Zuschauergruppen und Zusammenhänge zwischen dem Fernsehkonsum und Kultivierungsindikatoren in Deutschland

Basis: alle Befragten in Deutschland: Wenigseher (N=13), Mittelseher (N=33), Vielseher (N=14)

Gruppenvergleich: Einfache Varianzanalyse, signifikanter Unterschied, *p<0,05

keine signifikanten Zusammenhänge

 

Hinsichtlich der Kultivierungs- und Kriminalitätsindikatoren in Deutschland sind zwar Kultivierungseffekte zu beobachten, aber nicht bezüglich aller Faktoren. Deutlich zeigt sich der Zusammenhang zwischen dem Fernsehkonsum und der Einschätzung des Anteils der Alkoholiker und Drogenabhängigen. Je mehr die Befragten fernsehen, desto mehr überschätzen sie die Verbreitung des Alkoholismus und der Drogenabhängigkeit in Deutschland. Bei der Einschätzung des Anteils der Liebhaber zeigt sich aber der tendenziell gegenläufige Zusammenhang, was bedeutet, dass je mehr die Probanden fernsehen, desto niedriger schätzen sie den Anteil der Menschen ein, die eine außereheliche Beziehung haben. Hinsichtlich der anderen Indikatoren zeigen sich zum Fernsehkonsum nur in schwachen Tendenzen negative Kultivierungseffekte. Die Korrelation zwischen dem Fernsehkonsum und Kriminalitätsindikatoren weist in drei auf vier Fällen die Kultivationshypothese nach. Je mehr Menschen fernsehen, desto mehr überschätzen sie vor allem den Anteil der Diebstähle und Vergewaltigungen und Drogentoten in schwachen Tendenzen. Nur im Falle der Morde hat sich der gegenläufige Zusammenhang gezeigt.

Tabelle 10: Mittelwertsvergleiche der Zuschauergruppen und Zusammenhänge zwischen dem Fernsehkonsum und Kultivierungsindikatoren in Polen

Basis: alle Befragten in Polen: Wenigseher (N=14), Mittelseher (N=32), Vielseher (N=14)

Gruppenvergleich: Einfache Varianzanalyse, keine signifikanten Unterschiede

signifikante Zusammenhänge in der erwarteten Richtung, *p<0,05, **p<0,01

 

In Polen stellt sich die Situation ganz anders dar (vgl. Tabelle 10). Die Kultivierungseffekte zeigen sich bei allen Kultivierungsindikatoren außer dem Anteil der Scheidung und Alkoholiker, die im negativen Zusammenhang zum Fernsehkonsum stehen. Die stärkste Beziehung besteht zwischen dem Fernsehkonsum und der Einschätzung der Anteil der Menschen, die von der Prostitution leben. Je mehr Menschen fernsehen, desto mehr überschätzen sie auch die Verbreitung der Berufe wie Ärzte und Polizisten und den Ausmaß des Problems der Drogenabhängigkeit. Bei der Einschätzung des Anteils der Menschen, die Liebhaber haben, zeigt sich nur sehr schwacher aber positiver Zusammenhang mit dem Fernsehkonsum. In Bezug auf Kriminalitätsindikatoren in Polen zeigen sich auch andere Kultivationseffekte als in Deutschland. Drei von vier Faktoren sind mit dem Fernsehkonsum negativ korreliert. Je mehr Polen fernsehen, desto niedriger schätzen sie die Anzahl der Morde, Vergewaltigungen und Drogentoten ein. Hinsichtlich der Anzahl der Diebstähle zeigt sich nur sehr schwacher Kultivationseffekt.

Der Vergleich der Kultivationseffekte in beiden Ländern stellt deutlich dar, dass die Deutschen und Polen ganz unterschiedlich durch das Fernsehen kultiviert sind, indem die Polen sich mehr der Fernsehrealität annähern. In Polen hat der Fernsehkonsum den Einfluss vor allem auf die Wahrnehmung der Prostitution, aber auch der Verbreitung der Berufe wie Ärzte und Polizisten. Die Prostitution ist wegen der Anzahl der Prostituierten aus dem Osten ein heikles Thema in Medien, das in Nachrichten sehr oft erwähnt wird, was verursachen kann, dass diese Zahl von Vielseher überschätzt wurde. Die überschätzte Anteile der Ärzte und Polizisten kann man mit der immer wachsenden Anzahl der Fernsehserien erklären, die von immer mehr Polen das Interesse verdienen, wo diese zwei Berufe überproportional häufiger als alle andere gezeigt sind. Die deutschen Vielseher schätzen den Anteil der Alkoholiker höher als Wenigseher ein. Die Auswirkung darauf kann die Riesenmenge der Spielfilme haben, wo Alkohol die Hauptrolle spielt. Gemeinsam für beide Länder ist nur die Überschätzung von Vielseher des Anteils der Drogenabhängigen. Man kann das mit der immer wachsenden Anzahl der Spielfilme mit dem Thema Drogen erklären und die Anti-Drogen-Kampagnen, die sehr emotional sind und die Aufmerksamkeit der Gesellschaft wecken. Das Fernsehen scheint den Einfluss auf Deutsche im Thema der Kriminalität zu haben, indem die Zahlen der Diebstähle, Vergewaltigungen und Drogentoten überschätzt wurden. In Polen zeigt sich solcher Effekt gar nicht. Das kann die häufigere Nutzung der Thriller- und Horrorfilme und Krimis von Deutschen im Vergleich zu Polen verursachen (vgl. Abbildung 10). Gemeinsam für beide Länder ist die negative Beziehung zwischen der Fernsehnutzung und der Wahrnehmung von Morden. Eine mögliche Erklärung ist, dass Morde in Fernsehfilmen so häufig und realitätsfern dargestellt sind, dass die Zuschauer deren Anzahl mit der realen Welt nicht assoziieren und auf der anderen Seite deren Wahrscheinlichkeit in der Realität unterschätzen.

Die durch die Befragten wahrgenommene Realitätsnähe des Fernsehens wurde durch vier Items erhoben. Die Probanden konnten auf einer neunstufigen Skala von 1- „stimme überhaupt nicht zu“ bis 9- „stimme voll und ganz zu“ die einzelnen Aussagen bewerten: „Das Fernsehen zeigt Dinge so, wie sie tatsächlich im Leben vorkommen“, „Wenn ich etwas im Fernsehen sehe, kann ich sicher sein, dass es tatsächlich so ist“, „Das Fernsehen zeigt mir, was an anderen Orten passiert, so las ob ich selbst dort wäre“, „Das Fernsehen zeigt mir, wie andere Menschen leben“. Je höher die Zustimmungswerte, desto realitätsnäher wird das Fernsehen durch den Befragten beurteilt.

Es wurden auch zwei persönliche Erfahrungen erfasst. Erstens, ob die Befragten Medien- oder Kommunikationswissenschaften studieren bzw. studiert haben, und zweitens, ob sie als Polizist oder bei Gericht arbeiten bzw. gearbeitet haben. Somit wurde die mögliche direkte Erfahrung mit der Kultivierungsforschung, Kriminalität oder Kriminalstatistiken berücksichtigt, die Kultivierungseffekte abschwächen könnte. Unter der Befragten waren 17% Studenten der Kommunikationswissenschaften, aber nur 4% von den Probanden hat als Polizist oder bei Gericht gearbeitet.

Die wahrgenommene Realitätsnähe und persönliche Erfahrungen wurden in der Untersuchung als die intervenierenden Variablen im Kultivierungsprozess berücksichtigt. Um ihre intervenierende Wirkung zu überprüfen, wurde im ersten Schritt der vom Ausmaß des Fernsehkonsums unabhängige Zusammenhang zwischen der untersuchten Variable und den Kultivierungsindikatoren betrachtet. Im zweiten Schritt wurden die Befragten auf Grundlage der intervenierenden Variablen in zwei Gruppen eingeteilt. Im Falle der Realitätsnähe wurden die Befragten durch einen Mediansplitt anhand ihrer wahrgenommenen Realitätsnähe in zwei Gruppen geteilt (Median=13). Im Falle der persönlichen Erfahrungen wurden sie in diejenigen, die bereits Erfahrungen gemacht haben und die ohne Erfahrung geteilt. Für die zwei Gruppen wurden dann jeweils getrennt die linearen Regressionen für die Kultivierung erneut berechnet.

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Zusammenhänge zwischen der wahrgenommenen Realitätsnähe und Kultivierungsindikatoren in Deutschland.

Tabelle 11: Zusammenhänge der wahrgenommenen Realitätsnähe vom Fernsehen und Kultivierungsindikatoren in Deutschland

Basis: alle Befragten in Deutschland

keine signifikanten Zusammenhänge

 

Obwohl sich hinsichtlich des Fernsehkonsums und der Einschätzung des Anteils der Ärzte und Polizisten in Deutschland kein Zusammenhang gezeigt hat (vgl. Tabelle 9), korrelieren die beiden Werte positiv mit der wahrgenommenen Realitätsnähe (vgl. Tabelle 11). Das bedeutet, dass je realitätsnäher die Zuschauer das Fernsehen empfinden, desto mehr überschätzen sie den Anteil dieser Berufe. Wegen dem positiven Zusammenhang zwischen dem Fernsehkonsum und der Realitätsnähe kann man vermuten, dass für die Zuschauer mit der hoch wahrgenommenen Realitätsnähe des Fernsehens diese Werte mit dem Fernsehkonsum positiv korreliert werden. Die Einschätzung der Anteile der Drogenabhängigen und Alkoholiker waren mit dem Fernsehkonsum positiv korreliert (vgl. Tabelle 9). Mit der wahrgenommenen Realitätsnähe zeigt sich aber in beiden Fällen der negative Zusammenhang, was vermuten lässt, dass Zuschauer mit der hoch wahrgenommenen Realitätsnähe diese Werte niedriger einschätzen als die mit der niedrig wahrgenommenen Realitätsnähe.

Tabelle 12: Zusammenhänge der wahrgenommenen Realitätsnähe vom Fernsehen und Kultivierungsindikatoren in Polen

Basis: alle Befragten in Polen

signifikanter Zusammenhang,*p<0,05

 

In Polen zeigt sich auch der positive Zusammenhang zwischen der wahrgenommenen Realitätsnähe und den Anteilen der Ärzte und Polizisten, aber dazu noch im Falle der Einschätzung der Drogenabhängigkeit, Alkoholiker und Prostitution (vgl. Tabelle 12). Alle diese Werte außer dem Anteil der Alkoholiker waren aber auch positiv mit dem Fernsehkonsum korreliert (vgl. Tabelle 10). Man kann also erwarten, dass die hoch wahrgenommene Realitätsnähe den Effekt der Überschätzung der Anteile der Ärzte, Polizisten, Prostitution und Drogenabhängigen noch steigern wird und im Falle der Alkoholiker soweit beeinflusst, dass sich der Kultivierungseffekt zeigt.

An dieser Stelle muss man sich jedoch bewusst machen, dass durch die Untersuchung der Zusammenhänge zwischen der wahrgenommenen Realitätsnähe vom Fernsehen und Kultivierungsindikatoren streng genommen keine Kultivierungseffekte überprüft wurden. Kultivierung impliziert, dass sich die Vielseher in ihren Einschätzungen der Fernsehwelt annähern. In den obigen Korrelationen ist der Fernsehkonsum allerdings nicht berücksichtigt. Jedoch bewerten sowohl die deutschen als auch die polnischen Befragten, die mehr fernsehen, die Fernsehwelt tendenziell als realitätsnäher. Die Korrelation zwischen dem Fernsehkonsum und der Realitätsnähe in Deutschland beträgt 0,182 und in Polen 0,209. Soll nun aber der intervenierende Einfluss der wahrgenommenen Realitätsnähe untersucht werden, so ist entscheidend, ob die Einschätzung des Fernsehens als realitätsnah Kultivierungseffekte lediglich verstärkt oder gar eine Voraussetzung für ihre Erscheinung ist. Um die Frage zu beantworten, wurden die Befragten in zwei Gruppen geteilt und für beide wurden die linearen Regressionen berechnet.

Es wurde vermutet, dass in Deutschland die hoch wahrgenommene Realitätsnähe des Fernsehens die Einschätzung der Anteile der Ärzte und Polizisten positiv beeinflussen kann. Wie die Tabelle 13 zeigt, ist dieser Effekt nicht zu beobachten. Beide Variablen sind bei der hoch wahrgenommenen Realitätsnähe mit dem Fernsehkonsum negativ korreliert. In Bezug auf Anteile der Drogenabhängigen und Alkoholiker wurde vermutet, dass, wegen dem negativen Zusammenhang mit der Realitätsnähe, bei den Befragten, die das Fernsehen als sehr realitätsnah empfinden, der Kultivationseffekt nivelliert werden kann. Das kann man im Falle des Anteils der Drogenabhängigen wirklich beobachten, nicht aber bezüglich der Alkoholiker. Sehr interessant sind aber die Beta-Werte der Kriminalitätsindikatoren. Es zeigt sich in allen Fällen bei der hoch wahrgenommenen Realitätsnähe der starke positive Zusammenhang mit dem Fernsehkonsum, was heißt, dass je mehr Menschen, die das Fernsehen als realitätsnah empfinden, fernsehen, desto mehr überschätzen sie den Anteil der Morde, Diebstähle, Vergewaltigungen und Drogentoten.

Tabelle 13: Einfluss der wahrgenommenen Realitätsnähe vom Fernsehen auf Kultivierungsindikatoren in Deutschland

Basis: alle Befragten in Deutschland, lineare Regression

Realitätsnähe als niedrig eingestuft (=<13): N=38, Realitätsnähe als hoch eingestuft (>13): N=22

signifikante Zusammenhänge,*p<0,05, **p<0,01

 

Das war nicht der Fall weder in der Beziehung dieser Werte mit dem Fernsehkonsum selber (außer Diebstähle) noch mit der Realitätsnähe selber (vgl. Tabelle 9 und 11). Das bestätigt die Hypothese, dass Menschen die Morde im Fernsehen zu realitätsfern empfinden und diese mit der Realität nicht assoziieren. Die wahrgenommene Realitätsnähe des Fernsehens spielt also in Deutschland bei der Einschätzung der Kriminalität sehr große Rolle.

Tabelle 14: Einfluss der wahrgenommenen Realitätsnähe vom Fernsehen auf Kultivierungsindikatoren in Polen

Basis: alle Befragten in Polen, lineare Regression

Realitätsnähe als niedrig eingestuft (=<13): N=33, Realitätsnähe als hoch eingestuft (>13): N=27

signifikanter Zusammenhang,**p<0,01

 

In Polen wurde vermutet, dass die wahrgenommene Realitätsnähe des Fernsehens der Kultivierungseffekt bei der Einschätzung der Anteile der Ärzte, Polizisten, Prostitution und Drogenabhängigen stärkt und bei den Alkoholikern ändert. Alle diese Effekte sind zu beobachten (vgl. Tabelle 14). Bei der hoch wahrgenommenen Realitätsnähe zeigt es sich der positive Zusammenhang sogar bei allen Kultivierungsindikatoren. Das sehr interessante Ergebnis liefern die Kriminalitätsindikatoren. Erstens, die Realitätsnähe hat in Polen den negativen und gegenläufigen Effekt auf die Einschätzung der Anzahl der Morde, Diebstähle, Vergewaltigungen und Drogentoten als in Deutschland, was man nur im Falle der Morde früher beobachten konnte (vgl. Tabelle 10 und 12).

Da von allen Befragten fast 17% Kommunikationswissenschaften studieren bzw. studiert haben, soll der Zusammenhang zwischen der möglichen Erfahrung mit der Kultivierungsforschung und Einschätzung der Kultivierungsindikatoren betrachtet werden. Das Ziel ist zu prüfen, ob die Kenntnis des Kultivierungsthemas die Kultivierungseffekte abschwächt. Da von der Studenten der Kommunikationswissenschaften waren 15 deutsche und nur 5 polnische Probanden, wird der Einfluss dieser persönlichen Erfahrung nur in Deutschland untersucht.

Tabelle 15: Intervenierende Wirkung der Erfahrung als Student der Kommunikationswissenschaften im Kultivierungsprozess in Deutschland

Basis: alle Befragten in Deutschland, lineare Regression

kein Studium: N=45, mit Studium: N=15

signifikante Zusammenhänge,*p<0,05

 

Wie die obige Tabelle zeigt, kann man einigermaßen den Abschwächungseffekt beobachten. Bei der Befragten, die Kommunikationswissenschaften studieren bzw. studiert haben, sind fast alle Kultivierungsindikatoren negativ mit dem Fernsehkonsum korreliert (außer dem Anteil der Prostitution). Außerdem sind Indikatoren, die auch bei der Befragten ohne des Studiums negative Beziehung mit dem Fernsehkonsum hatten, die Beta-Werte viel höher und sie bringen mehr zur Erklärung der Regressionsgleichung bei (R2-Werte). Auf diese Art und Weise ist der Kultivierungseffekt bei den Anteilen der Alkoholiker, Drogenabhängigen und Diebstähle in Deutschland, die ohne der intervenierenden Variable zu beobachten war (vgl. Tabelle 9), bei der Befragten in der Gruppe der Studenten der Kommunikationswissenschaften nivelliert. Man kann also den Schluss ziehen, dass diese direkte Erfahrung auf den Kultivierungseffekt auch den Einfluss ausübt, weil er bei den Probanden ohne das Studium vorhanden ist.

Zwar nur 4% der Befragten haben als Polizist oder bei Gericht gearbeitet, aber es wurde vermutet, dass diese Erfahrung die Kultivierungseffekte, vor allem bei der Einschätzung der Kriminalitätszahlen, erheblich beeinflussen kann. Aus diesem Grund wurde dieser Zusammenhang in Polen betrachtet, weil alle 4% der Probanden mit dieser Erfahrung aus Polen kamen.

In Bezug auf die direkte Erfahrung als Polizist oder bei Gericht wurde auch vermutet, dass ihre intervenierende Wirkung im Kultivierungsprozess die Kultivierungseffekte abschwächt. Die Tabelle 16 zeigt, dass es hinsichtlich der meisten Kultivierungsindikatoren tatsächlich so ist. Bei der Befragten, die als Polizist oder bei Gericht arbeiten bzw. gearbeitet haben, sind die Anteile der Scheidung, Prostitution, Alkoholiker, Drogenabhängigen und Polizisten stark und negativ mit dem Fernsehkonsum korreliert. Nur bei der Einschätzung der Ärzte und Liebhaber wurde der Effekt nicht beobachtbar, aber die beiden Werte haben mit dieser Erfahrung auch nichts zu tun und keine Wirkung war in diesem Fall erwartet. Sehr Interessant und unerwartet ist es aber, dass bei den Probanden mit der Erfahrung als Polizist oder bei Gericht alle Kriminalitätszahlen sehr stark und positiv mit dem Fernsehkonsum korreliert sind. Die Beta-Werte betragen in den Fällen der Morde, Vergewaltigungen und Drogentoten sogar 0,9. Es wurde vermutet, dass diese Menschen wegen der Erfahrung mit Kriminalitätsstatistiken die richtigen Zahlen kennen, die durch das Fernsehen nicht beeinflussbar sind. Es hat sich aber der gegenläufige Effekt gezeigt. Die mögliche Erklärung ist, dass sie keine Polizeistatistiken lesen, haben mit der Kriminalität ständig in der Arbeit zu tun und die Gewaltszenen, Morde, Diebstähle und Szenen mit Drogen in Filmen und Nachrichten bei ihnen wegen dem Beruf mehr Aufmerksamkeit wecken als bei Menschen ohne diese Erfahrung, was verursacht, dass sie die Zahlen überschätzen.

Tabelle 16: Intervenierende Wirkung der Erfahrung als Polizist oder bei Gericht im Kultivierungsprozess in Polen

Basis: alle Befragten in Polen, lineare Regression

keine Arbeit als Polizist oder bei Gericht: N=55, Arbeit als Polizist oder bei Gericht: N=5

signifikante Zusammenhänge,*p<0,05, **p<0,01

 

Um die mögliche Auswirkung der Kontrollvariablen auf die Ergebnisse der Studie zu prüfen, wurden die Korrelationen zwischen dem Fernsehkonsum und der Kultivierungsindikatoren in beiden Ländern nach dem Geschlecht, Alter, Einkommen und Ausbildung durchgeführt. In Bezug auf das Geschlecht hat sich gezeigt, dass in Deutschland die Männer die Kriminalitätszahlen wesentlich mehr als Frauen überschätzen (bei der Anzahl der Diebstähle um 305%, Vergewaltigungen um 401% und Drogentoten um 468%) und in Polen stellt sich die Situation genau umgekehrt- Frauen überschätzen sie mehr als Männer (bei Morden um sogar 4372%, indem der Durchschnitt bei Männern 715 und bei Frauen 31.975 Morde betrug). Die Regressionsanalyse hat aber auf der anderen Seite in Deutschland keine signifikante Kultivationseffekte bei Männern im Vergleich zu Frauen nachgewiesen. Obwohl in Polen die Frauen die Kriminalitätszahlen mehr überschätzen, zeigt die Regressionsanalyse keinen Einfluss des Fernsehkonsums, weil die Beta-Werte bei Frauen negativ sind. Die polnischen Männer dagegen scheinen durch das Fernsehen bei der Einschätzung der Morde, Diebstähle, Vergewaltigungen und Drogentoten deutlich beeinflussbar zu sein. Hinsichtlich der anderen Kultivierungsindikatoren haben sich keine wesentliche Unterschiede weder in Deutschland noch in Polen gezeigt. In Bezug auf Alter zeigen sich in beiden Ländern leicht negative Zusammenhänge mit dem Fernsehkonsum. Je älter die Zuschauer sind, desto weniger sehen sie fern. In Deutschland gilt das auch hinsichtlich des Einkommens und der Ausbildung. In Polen dagegen sind das Einkommen und die Ausbildung leicht positiv mit der Fernsehnutzung korreliert. In Deutschland aber, je älter die Menschen sind, desto mehr überschätzen sie die Kultivierungsindikatoren (außer Drogenabhängigen, Vergewaltigungen und Drogentoten), was den Einfluss des Fernsehens in diesem Fall ausschließen lässt. In Polen ist genauso umgekehrt. Alle Kultivierungsindikatoren sind stark und negativ mit dem Alter korreliert. Es wird also vermutet, dass die jüngeren Leute Kultivierungsfaktoren mehr überschätzen als die älteren. Die Regressionsanalyse für die verschiedenen Altersgruppen hat aber keinen Einfluss des Alters auf die Einschätzung der Kultivierungsindikatoren nachgewiesen. Hinsichtlich des Einkommens und der Ausbildung in Deutschland sind die negativen Zusammenhänge mit der Einschätzung der Kultivierungszahlen zu beobachten (außer Kriminalitätsindikatoren) und in Polen gilt das für Einkommen nicht. Es wurde vermutet, dass in Deutschland die gut verdienenden und besser ausgebildeten Menschen die Kultivierungsindikatoren niedriger einschätzen als die weniger verdienenden und weniger ausgebildeten. Die Regressionsanalyse weist die Vermutung nach und es hat sich gezeigt, dass die beiden Kontrollvariablen genau gleiche Auswirkung auf die Einschätzung der Kultivierungsindikatoren ausüben. Bei den gut ausgebildeten und besser verdienenden Deutschen ist der Zusammenhang zwischen dem Fernsehkonsum und der Einschätzungen von fast allen Faktoren (außer der Anzahl der Diebstähle) negativ, indem er bei der weniger verdienenden und weniger ausgebildeten bei sieben auf elf Indikatoren positiv ist. In Polen wurde vermutet, dass die weniger ausgebildeten Menschen die Kultivierungsindikatoren mehr überschätzen als die besser ausgebildeten, aber die Ergebnisse der Regressionsanalyse haben die Vermutung nicht nachgewiesen. Der Schulabschluss hat in Polen keinen Einfluss auf die Kultivierungseffekte.

1.3.2 Materialismus

Der zweite Teil der Studie hat sich mit dem Einfluss des Fernsehens auf Wahrnehmung der Befragten von der Verbreitung des Überflusses und auf Materialismus beschäftigt.

Als Indikatoren des Überflusses wurden sechs Sachen und Verhalten gewählt: Wein zum Mittagessen, Schwimmbecken oder Whirlpool, Dienst, Urlaub außerhalb Europas, Auto, das mehr als 100.000 € gekostet hat und Ferienhaus. Um die Kultivierungseffekte erster Ordnung zu messen, wurden die Probanden gefragt (offene Fragen), den Anteil der Deutschen einzuschätzen, die diese Sachen besitzen oder sich so verhalten. Um den Einfluss des Fernsehens auf die Wahrnehmung der Verbreitung des Überflusses zu messen, war die gleiche Vorgehensweise wie im Kapitel 5.3.1. vorgenommen. Die unabhängige Variable war auch der Fernsehkonsum in Form dreier Zuschauergruppen (Viel-, Mittel- und Wenigseher) und abhängige Variablen waren die Indikatoren des Überflusses. Nach der Kultivierungshypothese wurde in diesem Fall erwartet, dass Vielseher die Überflussindikatoren stärker überschätzen als Wenigseher.

Tabelle 17: Mittelwertsvergleiche der Zuschauergruppen und Zusammenhänge zwischen dem Fernsehkonsum und Kultivierungsindikatoren des Überflusses in Deutschland

Basis: alle Befragten in Deutschland: Wenigseher (N=13), Mittelseher (N=33), Vielseher (N=14)

Gruppenvergleich: Einfache Varianzanalyse, keine signifikanten Unterschiede

keine signifikanten Zusammenhänge

 

Hinsichtlich der Indikatoren des Überflusses zeigen sich in Deutschland kaum Kultivierungseffekte des Fernsehens (vgl. Tabelle 17). Der Fernsehkonsum ist mit meisten Indikatoren negativ korreliert und nur mit zwei (Anteil der Deutschen, die ein Schwimmbecken oder Whirlpool besitzen und Anteil der Deutschen, die mindestens einmal im Jahr den Urlaub außerhalb Europas verbringen) zeigen sich in schwachen Tendenzen Kultivierungseffekte.

Tabelle 18: Mittelwertsvergleiche der Zuschauergruppen und Zusammenhänge zwischen dem Fernsehkonsum und Kultivierungsindikatoren des Überflusses in Polen

Basis: alle Befragten in Polen: Wenigseher (N=14), Mittelseher (N=32), Vielseher (N=14)

Gruppenvergleich: Einfache Varianzanalyse, signifikante Unterschiede, *p<0,05

signifikante Zusammenhänge in der erwarteten Richtung, *p<0,05

 

In Polen stellt sich die Situation anders dar (vgl. Tabelle 18). Die Kultivierungseffekte des Fernsehens kann man bei den meisten Indikatoren des Überflusses beobachten. Je mehr Polen fernsehen, desto mehr überschätzen sie den Anteil der Menschen, die ein Schwimmbecken besitzen, Dienst haben, Urlaub außerhalb Europas verbringen, Auto haben, das mehr als 1000zl gekostet hat und ein Ferienhaus am Meer oder im Gebirge haben. Nur im Falle der Einschätzung des Anteils der Polen, die regelmäßig Wein zum Mittagessen trinken, hat sich ein wenig negativer Zusammenhang gezeigt.

Man kann also den Schluss ziehen, dass Polen bezüglich der Wahrnehmung der Verbreitung vom Überfluss durch das Fernsehen mehr kultiviert sind als Deutsche. Die mögliche Erklärung ist, dass entweder das polnische Fernsehen mehr und häufiger reiche Menschen darstellt oder Polen, wegen der schlechteren finanziellen Situation, auf solche Darstellungen mehr empfindlich sind als Deutsche.

Die Einstellung zu materiellen Werten (der persönliche Materialismus) wurde danach anhand der fünf von der Studie von Richins (1987) übernommenen Items gemessen. Auf der neunstufigen Skala konnten die Befragten angeben, inwieweit sie mit folgenden Aussagen zustimmen: „Es ist für mich wichtig, schöne Sachen zu haben“, „Ich möchte so viel Geld haben um alles kaufen zu können was ich will“, „Ich wäre glücklicher, wenn ich mehr Sachen kaufen könnte“, „Manchmal stört es mich, dass ich nicht alles kaufen kann, was ich will“, „Sachen, die ich besitze, machen mich glücklich“. Je höher die Zustimmungswerte, desto materialistischer ist der Befragte.

Die direkte Erfahrung mit materiellen Sachen und Verhalten wurde anhand sechs geschlossenen Ja/Nein Fragen gemessen, die mit Indikatoren des Überflusses in der Frage nach Kultivierungseffekten gleich waren (Wein zum Mittagessen, Schwimmbecken oder Whirlpool, Dienst, Urlaub außerhalb Europas, Auto, das mehr als 100.000 € gekostet hat, Ferienhaus). Es wurde vermutet, dass die persönliche Erfahrung mit dieser Sachen mit der höheren Einschätzung von deren Verbreitung in der Gesellschaft verbunden wird.

Der persönliche Materialismus und die direkte Erfahrung mit Überflussindikatoren wurden danach als Intervenierungsvariablen im Kultivierungsprozess überprüft. Die Vorgehensweise war mit dem Kapitel 5.3.1. gleich.

Tabelle 19: Zusammenhänge des persönlichen Materialismus und Indikatoren des Überflusses in Deutschland

Basis: alle Befragten in Deutschland

keine signifikanten Zusammenhänge

 

Es wurde vermutet, dass der persönliche Materialismus den Einfluss auf Kultivierungseffekte des Fernsehens bei der Wahrnehmung der Verbreitung des Überflusses haben kann, indem mehr materialistische Menschen diese Werte höher einschätzen als die wenig materialistischen Menschen. Wie aber die Tabelle 19 darstellt, zeigen sich in Deutschland auch kaum Effekte im Zusammenhang zwischen dem persönlichen Materialismus und den Indikatoren des Überflusses. Die Korrelation ist in meisten Fällen negativ in anderen sehr schwach. Man kann also den Einfluss des persönlichen Materialismus im Kultivierungsprozess ausschließen.

Tabelle 20: Zusammenhänge des persönlichen Materialismus und Indikatoren des Überflusses in Polen

Basis: alle Befragten in Polen

signifikante Zusammenhänge, **p<0,01

 

In Polen sieht die Situation ganz anders aus (vgl. Tabelle 20). Der persönliche Materialismus ist stark und positiv mit der Einschätzung der meisten Werte korreliert. Je mehr materialistisch die Polen sind, desto mehr überschätzen sie die Anteile der Menschen, die den Urlaub außerhalb Europas verbringen, Auto teurer als 100.000zl und Ferienhaus haben und regelmäßig Wein zum Mittagessen trinken (in schwachen Tendenzen). Nur hinsichtlich der Verbreitung der Menschen, die Schwimmbecken und Dienst haben, zeigen sich negative Zusammenhänge (beim Dienst in schwachen Tendenzen). Man kann also vermuten, dass hinsichtlich der Einschätzung des Anteils der Menschen, die Wein zum Mittagessen trinken, wird bei mehr materialistischen Menschen der positive Zusammenhang mit dem Fernsehkonsum beobachtet (was nicht der Fall ohne intervenierende Rolle des Materialismus ist, vgl. Tabelle 18).

Wie im Kapitel 5.3.1. schon erwähnt, durch die Untersuchung der Zusammenhänge zwischen diesen Parameter wurden noch keine Kultivierungseffekte überprüft. Kultivierung impliziert in diesem Fall, dass die Vielseher die Indikatoren des Überflusses überschätzen. In den obigen Korrelationen ist der Fernsehkonsum allerdings nicht berücksichtigt. Jedoch besteht sowohl in Deutschland als auch in Polen die Beziehung zwischen dem Fernsehkonsum und Materialismus. Die Korrelation in Deutschland beträgt 0,394 und in Polen 0,328. Da die Zusammenhänge stark erschienen, muss der intervenierende Einfluss des Materialismus untersucht werden.

Tabelle 21: Einfluss des persönlichen Materialismus auf Indikatoren des Überflusses in Deutschland

Basis: alle Befragten in Deutschland, lineare Regression

Materialismus als niedrig eingestuft (=<26): N=30, Materialismus als hoch eingestuft (>26): N=30

keine signifikanten Zusammenhänge

 

Die obige Tabelle zeigt sehr interessante und unerwartete Ergebnisse. Obwohl in Deutschland kaum Zusammenhänge weder zwischen dem Fernsehkonsum und den Indikatoren des Überflusses (vgl. Tabelle 17) noch zwischen dem persönlichen Materialismus und diesen Indikatoren beobachtbar waren (vgl. Tabelle 19), ergeben sich die Kultivationseffekte des Fernsehens, wenn die Befragten nach der Materialismus-Skala in zwei Gruppen geteilt wurden. Je mehr die materialistischen Deutschen fernsehen, desto mehr überschätzen sie fast alle Indikatoren des Überflusses. Kein Zusammenhang war bei ihnen nur bei der Einschätzung des Anteils der Menschen, die ein Auto teurer als 100.000€ besitzen und dem Fernsehkonsum. Die Effekte sind sehr deutlich, weil bei Menschen, die sich niedrig auf der Materialismus-Skala platzieren, sich außer dem Anteil der Besitzer von einem Schwimmbecken ausschließlich negative Beziehungen zeigen.

Tabelle 22: Einfluss des persönlichen Materialismus auf Indikatoren des Überflusses in Polen

Basis: alle Befragten in Polen, lineare Regression

Materialismus als niedrig eingestuft (=<28): N=33, Materialismus als hoch eingestuft (>28): N=27

signifikante Zusammenhänge, *p<0,05, **p<0,01

 

In Polen, wo der Einfluss des Fernsehens auch ohne der Betrachtung des Materialismus bei vielen Indikatoren des Überflusses beobachtbar war (vgl. Tabelle 18) und der persönliche Materialismus auch positiv mit vielen korreliert (vgl. Tabelle 20), wurde es vermutet, dass bei mehr materialistischen Menschen die Überflussindikatoren mit dem Fernsehkonsum noch mehr überschätzt werden. Die erwartete Auswirkung des Materialismus bei der Einschätzung des Anteils der Menschen, die Wein zum Mittagessen trinken, ist vorhanden. Die obige Tabelle zeigt hohe Korrelationswerte bei allen Indikatoren mit dem Fernsehkonsum in der Gruppe der mehr materialistischen Menschen, aber es ist noch ein anderer interessanter Effekt beobachtbar. Bei drei Indikatoren, Anteil der Menschen, die den Urlaub außerhalb Europas verbringen, Auto teurer als 100.000zl besitzen und ein Ferienhaus haben, zeigen sich sehr starke Kultivierungseffekte auch bei der Menschen mit dem niedrigen Materialismus. Das heißt, dass der persönliche Materialismus bei der Einschätzung der drei Indikatoren des Überflusses keine Rolle spielt. Egal wie materialistisch Menschen sind, je mehr sie fernsehen, desto mehr überschätzen sie die Verbreitung der Polen, die Urlaub außerhalb Europas verbringen, teures Auto besitzen und ein Ferienhaus haben.

Es wurde vermutet, dass die direkte persönliche Erfahrung mit Sachen, die mit dem Überfluss verbunden sind, den Einfluss auf Einschätzungen von deren Verbreitung in der Gesellschaft haben kann. Da aber die Befragten kaum Erfahrungen mit den gewählten Überflussindikatoren hatten, wurde es eins ausgewählt (Urlaub außerhalb Europas), mit dem die meisten Probanden zu tun hatten (28% der Deutschen). Die nachfolgende Tabelle zeigt die prozentualen Anteile der Probanden in Deutschland und in Polen, die die direkte Erfahrung mit erwähnten Überflussindikatoren hatten.

Tabelle 23: Anteile der Befragten mit der direkten Erfahrung mit Indikatoren des Überflusses in beiden Ländern in %

Es wurde der Einfluss der direkten Erfahrung mit dem Urlaub außerhalb Europas in Deutschland auf die Einschätzung deren Verbreitung und mögliche Beeinflussung den restlichen Indikatoren geprüft, indem die Probanden in zwei Gruppen geteilt wurden und für beide Gruppen jeweils die lineare Regressionsanalyse durchgeführt wurde.

Die Tabelle 24 zeigt deutlich, dass diese direkte Erfahrung den Einfluss auf Wahrnehmung der Verbreitung von allen Überflussindikatoren ausübt. Je mehr die Deutschen, die mindestens einmal im Jahr den Urlaub außerhalb Europas verbringen, fernsehen, desto mehr überschätzen sie nicht nur den Anteil der anderen Menschen, die so machen, aber auch den Anteil der Deutschen, die regelmäßig Wein zum Mittagessen trinken, Schwimmbecken, Dienst und Ferienhaus haben. Nur in Bezug auf den Anteil der Menschen, die ein Auto teurer als 100.000€ haben, zeigt sich bei ihnen die negative Korrelation. Die direkte Erfahrung mit Überflussindikatoren spielt im Zusammenhang zwischen dem Fernsehkonsum und der Wahrnehmung der Verbreitung des Überflusses die wichtige Rolle, deren intervenierende Wirkung nicht unterschätzt werden kann.

Tabelle 24: Einfluss der persönlichen Erfahrung mit dem Urlaub außerhalb Europas auf Indikatoren des Überflusses in Deutschland

Basis: alle Befragten in Deutschland, lineare Regression

kein Urlaub außerhalb Europas: N=43, Urlaub außerhalb Europas: N=17

keine signifikanten Zusammenhänge

 

Um die unerwünschte Auswirkung der soziodemografischen Faktoren auszuschließen, wurden sie als Kontrollvariablen bei der Prüfung der Korrelationen zwischen dem Fernsehkonsum und der Einschätzung der Verbreitung der Überflussfaktoren betrachtet. In Bezug auf das Geschlecht haben sich in Deutschland Kultivierungseffekte bei Frauen beim Anteil der Menschen, die Dienst haben und Urlaub außerhalb Europas verbringen gezeigt, indem sie bei Männern nicht vorhanden waren und bei Männern dagegen bei der Einschätzung des Anteils der Deutschen, die ein Schwimmbecken haben (bei Frauen war Beta negativ). Die Geschlechtsanalyse in Polen hat gezeigt, dass wenn man die Frauen einzeln betrachtet, sind die Kultivierungseffekte bei allen Indikatoren beobachtbar. Der Zusammenhang zwischen dem Fernsehkonsum und Menschen mit Schwimmbecken und Wein zum Mittagessen war bei Männern negativ. Es wurde auch vermutet, dass das Einkommen den Einfluss auf die Einschätzung der Verbreitung des Überflusses ausübt, indem reichere Menschen mehr Erfahrung mit dem Überfluss haben und die Verbreitung davon auch überschätzen können. Bei Befragten mit dem höheren Einkommensniveau sollten also höhere Kultivationseffekte erscheinen als bei ärmeren Probanden. In Deutschland ist dieser Effekt nur bei der Einschätzung der Menschen mit dem Schwimmbecken und Dienst vorhanden und in Polen hat das Einkommensniveau keine Auswirkung auf die Einschätzung der Verbreitung des Überflusses. Die Vermutung, dass die hoch ausgebildeten Menschen eine mehr richtige Einschätzung der Verbreitung des Reichtums haben als die weniger ausgebildeten, wurde in beiden Ländern nicht nachgewiesen. Der Alter hat auch weder in Deutschland noch in Polen eine Rolle im Zusammenhang zwischen dem Fernsehkonsum und der Wahrnehmung des Überflusses gespielt.

1.4 Zusammenfassung der Ergebnisse

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass der kulturelle Aspekt auch eine Rolle im Kultivierungsprozess spielt, weil obwohl Polen und Deutsche die gleichen Sendungstypen mit der gleichen Häufigkeit und Dauer anschauen, nähern sich die ersten in der Einschätzung der Realität deutlich mehr der Fernsehwelt an.

Bei Indikatoren der Kultivierung erster Ordnung überschätzen Polen die Verbreitung der Ärzte, Polizisten, Prostitution und Drogenabhängigkeit und in schwachen Tendenzen auch Liebhaber und Diebstähle. Die wahrgenommene Realitätsnähe stärkt die Kultivierungseffekte und die direkte Erfahrung als Polizist oder bei Gericht schwächt sie ab. Hinsichtlich der Indikatoren des Überflusses überschätzen die polnischen Vielseher Anteile der Menschen, die ein Schwimmbecken, Dienst, Auto teurer als 100.000zl, Ferienhaus haben und mindestens einmal im Jahr den Urlaub außerhalb Europas verbringen. Die Skala des persönlichen Materialismus spielt dabei keine Rolle. Nach der Überprüfung der soziodemografischen Faktoren hat sich gezeigt, dass Alter, Einkommen und Ausbildung auch keinen Einfluss auf Kultivierungseffekte in Polen haben.

Das Fernsehen in Deutschland hat viel niedrigere Auswirkung auf die Wahrnehmung der Realität der Zuschauer. Die deutschen Vielseher überschätzen nur Anteile der Alkoholiker und Drogenabhängigen. Man kann aber bei ihnen die Kultivierungseffekte bei der Wahrnehmung der Kriminalität beobachten, indem die wahrgenommene Realitätsnähe des Fernsehens sie noch verstärkt. In Deutschland ist kein Zusammenhang zwischen dem Fernsehkonsum und der Wahrnehmung der Verbreitung des Überflusses zu beobachten. Die Kultivierungseffekte sind aber dann vorhanden, wenn man die Skala des persönlichen Materialismus der Zuschauer mitbetrachtet. Auf diese Art und Weise überschätzen die materialistischen Deutschen, die mehr fernsehen, die Indikatoren des Überflusses deutlich mehr als die weniger materialistischen. Die direkte Erfahrung mit Indikatoren des Überflusses beeinflusst die Wahrnehmung dessen Verbreitung. Die soziodemografischen Faktoren haben in Deutschland

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